Bei Stress leidet auch das Mikrobiom
Stress und Mikrobiom
Stress macht krank – wir wissen das selbst aus (leidvoller) Erfahrung. Erkältungen nach der Prüfungszeit sind beinahe üblich, und stressbedingte Magengeschwüre (bei Menschen wie auch bei Pferden) weithin bekannt. (Übrigens ist auch bei Hunden der Magen das Haupt-Stressorgan).
Eine Studie an Eichhörnchen konnte auch eine Verbindung erkennen, dass unser eigener Stress auch unsere winzigen Mitbewohner mit-leiden lässt: die Bakterien des Mikrobioms, genauergesagt. Wenn die Stressbelastung hoch ist und damit auch der Cortisonspiegel, dann verringert sich die Artenvielfalt des Mikrobioms im Mund. Diese Bakteriengesellschaft gehört zur ersten Abwehrlinie eines Organismus gegen Krankheitserreger. (Möglicherweise sinkt auch die Artenvielfalt im Darm … was die typischen Durchfälle, Magenbeschwerden, die Anfälle von Zwingerhusten während und nach dem Urlaub mit dem Hund erklären könnte. Auch Katzen reagieren auf Umzug oft erstmal mit Durchfall … vor allem Katzenwelpen. Und bei Pferden kann jede Veränderung zu Koliken, Entzündungen)
Die Mikrobiota
Jeder Mensch, jeder Hund, jedes Pferd, jede Katze lebt mit Milliarden von Mikroben zusammen: In und auf uns (und ihnen) leben mehr Bakterien, als Zellen zum Körper gehören - weit mehr. Allein im Dünndarm eines Menschen findet man in jedem Milliliter Darmflüssigkeit bis zu einer Milliarde Bakterien. Im Dickdarm sind es noch sehr viel mehr. Und der Pferde-Dickdarm ist extra zu großen Brutkammern für Bakterien umgeformt, um auch die harte Zellulose nutzen zu können - nur Bakterien können die knacken. Das Zusammenleben mit diesen Bakterien ist geradezu essentiell für die Gesundheit unserer Vierbeiner.
Diese Überzahl der Mikrobiota im Vergleich zu ihren Trägern, den Hunden, Katzen, Pferden, ist kein Grund zur Besorgnis. Denn vor allem unsere Darmflora bedeutet einen Schutz für unsere Gesundheit. Sind die Bakterien in unseren Verdauungsorganen ausreichend vielfältig, dann sorgt die Mikrobiota dafür, dass sich krankmachende Erreger nicht so leicht festsetzen können - sie mögen keine Konkurrenten. Die Mikrobiota hilft bei der Verdauung, nicht nur beim Pferd, und beim Menschen weiß man, dass eine ungesund zusammengesetzte Mikrobiota mit Adipositas und Fettleibigkeit verbunden ist.
Auch bei Allergien gibt es deutliche Veränderungen der Darmflora.
Wie der Stress die Bakterienflora im Mund beeinflusst, haben nun Mason Stothart von der University of Guelph in Kanada und seine Kollegen untersucht. Sie wählten dafür wildlebende Eichhörnchen. Speichel- und Kotproben der Tiere wurden gesammelt, und dann die Tiere wieder freigelassen. Die Stresshormone im Kot ermöglichte Aussagen über das Niveau der Stresshormone bei den Eichhörnchen. Die Bakterien-DNA im Speichel enthaltene Bakterien-DNA zeigte, welche Mikroben im Mundbereich der Tiere vorkamen.
Nach zwei Wochen wurden die markierten Tiere noch einmal gefangen ein. So konnten mögliche, individuelle Veränderungen festgestellt werden.
Mehr Stress – artenärmeres Mikrobiom
„Je mehr Stress die Eichhörnchen hatten, desto geringer war die bakterielle Artenvielfalt in ihrem Mund“, berichtet Stothart. Bei Eichhörnchen mit höheren Cortisolwerten fanden sich auch mehr potenziell krankmachende Bakterien. Auch bei den Eichhörnchen, deren Stresswerte beim zweiten Fang höher waren als beim ersten, fanden die Forscher weniger verschiedene Arten von Mikroben, dafür aber mehr Krankheitserreger.
Erklären kann man das durch die Reaktionen des Immunsystems auf Stress, die den Körper schützen sollen (und das meist auch sehr erfolgreich tun): Wenn mehr Stresshormone ausgeschüttet werden, werden auch Abwehrzellen und Entzündungsbotenstoffe vermehrt ausgeschüttet. Sie wirken einerseits antibakteriell und sollen vor Krankheitserregern schützen. Leider stören sie damit auch die schützende und harmlose Mikroflora.
Stress führt bei allen Säugetieren zu ähnlichen Reaktionen. Deshalb könnte es diesen engen Zusammenhang zwischen Stressreakton und verändertem Mikrobiom nach Ansicht der Forscher auch bei Hunden, Katzen, Pferden und Menschen geben. Stress würde dann nicht nur direkt eine Schwächung des Immunsystems verursachen, auf die Organe wirken und so die Gesundheit schwächen. Stress wirkt sich auch auf das Mikrobiom aus - und damit auf Bestandteil unserer Abwehr gegen Krankheitserreger.
Es zeigt sich immer mehr, dass die gesunde, artenreiche Mikrobiota ein ganz wichtiger Aspekt der Gesundheit sind.
Quelle: https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rsbl.2015.0875