Darmflora beim Hund - Darm-Mikrobiota
Jeder Verdauungstrakt jedes einzelne Hundes ist einzigartig. Magen, Dünndarm, Dickdarm, Leber und Bauchspeicheldrüse zerlegen alles, das ein Hund so täglich frisst, in die kleinsten Grund-Bestandteile. So kommen diese Bestandteile der Nahrung in den Blutkreislauf und später an ihren neuen Einsatzort: Vitamine, Aminosäuren aus dem Eiweiß, Fettsäuren, Glucose: alles, was der Hunde-Körper sich als Baustein für das Leben und den eigenen Körper nutzbar macht. Die gesunde Darmflora schützt die Gesundheit - aber sie kann leicht gestört werden.
Darmflora und Darmmikrobiom
Unzählige Helferlein unterstützen die Hunde- Organe bei der Verdauung. Sie stellen Vitamine her - so brauchen Hunde meist kein Vitamin C, denn ihre Bakterien bauen es für sie. Bakterien verdauen Zellulose und bilden daraus flüchtige Fettsäuren, die wieder die Darm-Schleimhautzellen ernähren. Und - ganz wichtig - Bakterien verteidigen ihren Lebensraum höchst effektiv gegen andere Bakterien und Einzeller. So können sich Krankheitserreger gar nicht erst breitmachen - die Darmbakterien stellen eine wichtige Schicht in der körpereigenen Abwehr gegen Krankheiten.
Insbesondere der Dickdarm ist mit Billionen Bakterien verschiedenster Arten und weiteren Mikroorganismen besiedelt. Aufgrund ihrer Komplexität wird die Summe der Bakterien sogar als eigenes Organ bezeichnet. Heute verwendet man die Begriffe Darm-Mikrobiom oder wissenschaftlich korrekt: Darm-Mikrobiota. Umgangssprachlich werden üblicherweise die Begriffe Darmflora und Mikrobiom benutzt.
Allgemein gilt für das Mikrobiom beim Hund (und beim Menschen):
- Es gibt sowohl vorteilhafte, als auch weniger vorteilhafte Bakterienarten.
- Es gibt auch Arten, die beides sein können - Krankheitserreger und braver Mitbewohner (fakultativ pathogene Keime), z.B. bestimmte Clostridien-Arten.
- Je höher die Vielfalt der Bakterien, also je mehr verschiedene Arten, desto besser (wahrscheinlich). Es macht das Mikrobiom widerstandsfähiger und anpassungsfähiger. Allerdings sinkt im Alter die Zahl der verschiedenen Arten. Deshalb werden Hunde im Alter oft empfindlicher gegen einen Futterwechsel oder reagieren leichter und häufiger mit Durchfall. Und auch eine lange, einseitige Diät verengt die Zahl der Arten im Darm.
Probiotika sind vorteilhafte, gesundheitsförderliche Bakterien. Sie können bereits im Futter enthalten sein oder als Ergänzung gegeben werden. Es gibt geprüfte Bakterien-Stämme, deren Sicherheit und Wirksamkeit nachgewiesen ist.
- Laktobazillen sind vermutlich die bekanntesten Probiotika. Sie sind z.B. in Joghurt enthalten. Leider vertragen viele Hunde mit Verdauungsproblemen keine Milch, sonst wäre das ein sehr einfacher Weg, die Darmflora zu unterstützen.
- Enterokokken werden ebenfalls als Probiotika beim Hund eingesetzt.
Präbiotika sind Futterbestandteile, von denen sich nützliche Bakterien bevorzugt ernähren, mit denen andere Bakterien aber nichts anfangen können. (Nützliche Bakterien haben sozusagen breite Ellbogen und verdrängen andere, nicht so hilfreiche Arten, indem sie "die Plätze besetzt halten".) Ballaststoffe wie das in vielen Futtermitteln verwendete Inulin wirken präbiotisch.
Die Darmflora - eine Symbiose
Warum leben überhaupt Bakterien im Darm? Warum haben sich die Bakterien einen Verdauungstrakt als Lebensraum gesucht? Und warum hat das Immunsystem des Wirtes das erlaubt?
Im Laufe der Evolution hat sich ein eingespieltes Verhältnis zum gegenseitigen Nutzen zwischen den Kleinstlebewesen und dem Wirt eingestellt – eine Symbiose. Dabei liefert der Wirt - der Hund, das Pferd, der Mensch; den Bakterien das Futter (über die Nahrung) und optimalen Unterschlupf (im Darm).
Im Gegenzug profitieren der Hund von den Stoffwechselprodukten der Bakterien. Sie stellen einen wichtigen Schutz für den Darm dar. Und sie übernehmen wichtige Funktionen im Stoffwechsel, Nervensystem und Immunsystem.
Ein gutes, stabiles Mikrobiom kann ein entscheidender Vorteil im Kampf gegen Krankheiten sein. Und deshalb können Antibiotika manchmal so viel Schaden anrichten. Sie stören wahllos, vor allem, wenn sie Breitband-Antibiotika ohne Resistenztest eingesetzt werden. Sie wirken wie ein großer Hammer, der alles plattschlägt. Vor allen in der Welpen-und Jugendzeit sollten Antibiotika bei Hunden nur mit sehr viel Vorsicht eingesetzt werden. Man weiß vom Menschen, dass ein Antibiotikaeinsatz in der frühen Kindheit die Gefahr von Allergien deutlich erhöht.
Lactobazillen, Bifidobakterien, Firmincuten, Provotella, Clostridien Arten, E.coli – der Enterotyp, also die Zusammensetzung der Darmbakterien-Arten, unterscheidet sich bei den Menschen. Der Grund ist die jeweilige individuelle Ernährung und Lebensweise. Bestimmte Enterotypen sind mit bestimmten Krankheiten (mehr oder weniger locker) verbunden - das heißt, bei bestimmten Enterotypen treten bestimmte Krankheiten häufiger auf als bei anderen. Die erste Besiedelung erhält der Säugling bei der Geburt, indem er Scheidenbakterien aufnimmt, die sich im Welpen -Darm breitmachen. (Auch diese fehlende erste Besiedelung mit Laktobazillen der Mutter ist ein Problem beim Kaiserschnitt, das man inzwischen erkannt hat.)
Die Enterotypen sind beim Hund noch nicht bestimmt.
Durch eine langfristige Ernährungs- und Lebensweiseumstellung kann der Enterotyp verändert werden. Einzelne Maßnahmen helfen womöglich eher kurzfristig.
Ein gesundes (oder zumindest gesünderes) Mikrobiom wieder aufzubauen kann lange dauern, aber es hilft. Langfristig bietet es den besten Schutz vor vielen weiteren Krankheiten. Das gilt nicht nur für Durchfall und Allergien.