Schmerzen

Schmerz schützt einen Hund. Er warnt vor Überlastung. Schmerz schützt den Körper. Chronischer Schmerz aber fügt dem Organismus Schaden zu. Die ständige Belastung schwächt das Immunsystem. Infekte und Infektionen heilen langsamer. Stress-Hormone bringen den Stoffwechsel kommt aus dem gesunden Gleichgewicht.

Auch das Verhalten eines Hundes, der unter Schmerzen leidet, ändert sich: er zieht sich zurück und isoliert sich. Oft reagiert er auch abweisend oder agressiv. Und andere Hunde erkennen die Schwäche. Viele reagieren unfreundlich. Die zunächst sinnvolle Schutzfunktion des Schmerzes wird nutzlos und kippt um in eine schädliche Belastung.

Schmerzen kommen bei Tieren häufig vor - auch chronische Schmerzen. So leiden nach einer schwedischen Studie beinahe zwei Drittel aller Hunde in Deutschland unter Rückenschmerzen.

Anzeichen für Schmerzen beim Hund

Wir leben mit unseren Hunden. So könnte man denken, dass wir Menschen sofort merken, wenn bei unseren Hunden etwas nicht stimmt. Leider ist das nicht so einfach: Schmerzen sind schon beim Menschen völlig subjektiv und individuell. Und nicht alle Hunde verraten ihre Schmerzen auf gleiche Weise.

Viele Hunde zeigen ihre Schmerzen nur, wenn sie sich sicher fühlen. Das ist wohl ein Erbe der Kleinen Raubtiere, die mit uns zu freundlichen Sofawölfen geworden sind.

Hunde sind meisterhaft im Verbergen von Schmerzen. Sie stöhnen nicht wie wir Menschen. Sie schreien vor Schmerzen eigentlich nur aus Überraschung. Wenn ein Hund sich beim Toben die Pfote "verrenkt" hat, schreit er kurz auf. Danach herrscht Stille, selbst wenn er sich auf drei Beinen mühsam nach Hause schleppen sollte. Der akute Schmerz ist für uns Hundehalter leicht zu erkennen. Schwierig wird es mit dem chronischen Schmerz: den langsam gekommenen Veränderungen.

Wie zeigt ein Hund seine Schmerzen?

Veränderte Bewegungsabläufe

  • Hinken, Humpeln oder offensichtliches Schonen eines Beines sind deutliche Anzeichen für Schmerzen.
  • Krallenschleifen auf Asphalt oder kurze, oben abgeschliffene Kralle, meist an den Hinterbeinen, zeigen einen veränderten Bewegungsablauf und Schmerzen (Krallenschleifen kann bei Nervenleiden vorkommen, aber auch bei Hüftbeschwerden.) Im Schnee oder auf Sand kann man Schleifspuren besonders gut erkennen. Ansonsten hilft eine kurze Kontrolle der Pfoten.
  • Durch schräges Sitzen entlasten viele Hunde eine schmerzende Hüfte oder ein Knie.
  • Dreht sich der Hund vor dem Hinsetzen oder Hinlegen erst ein paarmal um sich selbst, kann das ebenfalls auf Schmerzen im Rücken- oder Hüftbereich hindeuten.
  • aufgekrümmter Rücken oder Buckel
  • Langsam gewordenes Ablegen in Brust-Bauchlage und/oder langsam gewordenes Aufstehen.
  • Diagonales Laufen, schräg Laufen entlastet meist ein Hinterbein.
  • Traben, obwohl Schrittgehen angebracht wäre. Traben entlastet die Gliedmaßen und vor allem den Rücken.
  • Passgang kann bei vielen Hunden auf ein Problem in der Brust- oder Lendenwirbelsäule hinweisen. Auch der "Schweinsgalopp", den gerade viele kleine Hunde zeigen, hält den Rücken steif und
  • Zittern: ein schnelles Zittern eines Beines deutet darauf hin, dass durch Muskelkraft ein Gelenk in einer Schonhaltung gehalten wird. Diese Muskeln ermüden leicht und zittern dann.
Ein Hund auf Sand am Strand - die unterschiedliche Belastung der Beine ist deutlich erkennbar
Schonhaltung - auf Sand deutlich erkennbar
Verhalten als Warnsignal für Schmerzen

Deutliche Anzeichen für Schmerzen findet man im veränderten Verhalten. Ungewöhnliche Aggressivität oder Scheue sind Alarmzeichen.

  • Wenn ein sonst gutgelaunter Familienhund nicht mehr spielen möchte,
  • seine Kumpel nicht mehr begrüßen möchte,
  • andere Hunde drohend abweist,
  • oder auch gegen Menschen aggressiv wird,
  • sich an bestimmten Körperstellen nicht mehr berühren lässt,
  • sich häufig an den selben Stellen schleckt, leckt oder gar beißt, ohne dass Gründe dafür zu sehen sind, wie Wunden.

Sehr wichtige Anzeichen für Schmerzen sind auch zögerliche Bewegungen:

  • Der Hund springt nicht mehr auf das Sofa oder zögert vor der Treppe. Oft zögern sie auch vor dem Bordstein (wenn der nicht abgesenkt ist).
  • Manche Hunde können nicht mehr im Stehen fressen. Sie fressen stattdessen im Liegen.
  • Schnelles Hinlegen bei einem Spaziergang, anstatt kurz stehenzubleiben

Allgemein gesagt: der Hund vermeidet viele Bewegungen, die ihm früher keine Probleme gemacht haben.

Appetitlosigkeit als Anzeichen für Schmerzen

Hunde lieben es zu fressen. Aus Hunger, aus Langeweile, oder einfach nur so. Wenn ein Hund sein Futter verweigert, oder deutlich weniger frisst als sonst, wenn nicht einmal mehr die Lieblings-Leckerchen genommen werden, gibt es ein Problem. Das kann eine schmerzhafte Magenentzündung sein, eine fieberhafte Infektion oder Zahnschmerzen.

Es gibt aber auch genügend Hunde, die trotz Fieber weiter fressen. Oder die trotz Krämpfen im Bauch fressen wollen. Wie bei allem im Bereich der Schmerzen gilt: die Warnzeichen sind Warnungen. Ein Hund kann auch unter Schmerzen leiden, ohne seinen Appetit zu verlieren. Viele Hunde fressen z.B. trotz schmerzender Zähne, einfach weil sie Hunger haben.

Weniger Energie

Zeigt der Hund deutlich weniger Energie als sonst,

  • bleibt er auf dem Spaziergang immer länger zurück:

Der Hund versucht, Schmerzen in den Gliedern oder im Rücken durch Schonhaltungen zu vermeiden. Die sind anstrengend: die Muskulatur muss sehr viel mehr arbeiten als in gesunden Tagen. So wird der übliche Spaziergang immer anstrengender.

  • verhält sich gar uninteressiert und
  • verkriecht sich häufig, kann das bedeuten dass er sich nicht wohl fühlt.
Atmung/Hecheln bei Schmerzen

Hunde können nicht schwitzen. Sie hecheln, um ihre Körpertemperatur zu senken.

Um Atmen zu können, ziehen die Rippen den Brustkorb auf. Gleichzeitig verschiebt sich das Zwerchfell in Richtung Bauch. Beides erweitert den Brustkorb. Die Lunge folgt dem passiv und weitet sich: die Einatmung. Die Ausatmung ist eigentlich ein ebenfalls ein passiver Vorgang: die Lunge wird nicht länger aufgehalten und zieht sich wieder zusammen.

  • Die Ausdehnung des Brustkorbes kann bei Schmerzen im Bereich der Rippen und der vorderen Wirbelsäule schmerzhaft sein. Der Hund wird sie dann vermeiden.
  • Bei Schmerzen im Bauchraum kann es schmerzhaft für den Hund sein, das Zwerchfell zu benutzen. Dann wird er mehr über den Brustkorb atmen (Rippenatmung).

Schnelle Atmung, mit oder ohne Hecheln kann also ebenfalls ein Warnzeichen sein. Der Hund kann dann nicht tief atmen, weil es ihm irgendwo wehtut. Genauso eine auffallend langsame Atmung oder wenn die einzelnen Atemzüge extrem flach oder merklich tiefer sind als sonst.

Die Atmung wird auch von Hormonen beeinflusst: Adrenalin und Noradrenalin bereiten das Herz-Kreislaufsystem und Lunge auf einen Kampf vor. Oder eine Flucht. Wenn der Hund also aus irgendeinem Grund unter Stress steht (weil er gerade seinen Lieblingsfeind gesehen hat), verändert sich die Atmung ebenfalls.

Der wichtigste Grund für "Grundloses" Hecheln ist Stress. Und einer der wichtigsten Gründe für Stress bei einem alltagsgewohnten Familienhund sind Schmerzen.

Lecken, Schlecken und Putzen als Schmerz-Anzeichen

Leckt der Hund immer an bestimmten stellen, kann das auf Schmerzen darunter hindeuten.

  • schmerzende Gelenke
  • Schmerzende, verspannte, verkrampfte Muskeln
  • schmerzende Nerven: viele Nerven versorgen auch Hautareale. Schmerzt ein Nerv im Bereich der Schulter, kann das Hautareal im Bereich des Unterarmes ebenfalls schmerzen. Bei der üblichen körperlichen Untersuchung ist es aber völlig unauffällig …

(Lecken und Schlecken ist als Warnzeichen für Schmerzen so wichtig, dass es gleich zweimal vorkommt.)

Weitere Anzeichen

Augen

Die Pupillen sind bei Stress verändert. Sie werden unter Adrenalin weit geöffnet. So kann ein genauer Blick auf die Augen des Hundes kann sehr aufschlussreich sein. Sind die Augen blutunterlaufen? Die Pupillen enger oder weiter?

Herzschlag/Herzfrequenz

Bei Stress schlägt das Herz schneller(und bei vielen anderen Ursachen auch …). Und einer der wichtigsten Gründe für Stress beim Hund sind nun einmal Schmerzen …

Schmerzen sind behandelbar

Die Veränderungen gerade bei chronischen Schmerzen kommen oft schleichend. Aber niemand kennt Ihren Hund besser als Sie. Grundsätzlich jede Veränderung des üblichen Verhaltens kann ein Hinweis für Schmerzen sein. Und, ebenfalls grundsätzlich, Verhalten verändert sich durch Schmerzen. Nicht, weil der Hund alt geworden ist, spielt er nicht mehr, sondern weil es ihm wehtut. Und Schmerzen können erfolgreich und schonend behandelt werden.