Weidelgras in der Pferdefütterung

Weidelgras - ein gefährliches Futtergras?

Weidelgras ist fruktanreich

Weidelgras galt bereits als problematisch für Pferde. Es ist fruktanreich und steht als solches im Verdacht, bei empfindlichen Pferden Hufrehe auszulösen. Außerdem ist es sehr energiereich. Es liefert schnell verwertbare Kohlehydrate, die den Pferde-Darm überlasten können und so eine Hufrehe verursachen können (einer der vielen Wege zur Hufrehe). Als Grundlage für Silage ist es gut geeignet, aber Pferde sind nun einmal keine Kühe und sollten auch nicht wie sie ernährt werden.

Eine Untersuchung der Landwirktschaftkammer RP zeigt, wie unterschiedlich der Gehalt an Fruktanen im Jahresverlauf ist. Je nach Jahreszeit und, Temperatur und Bodenfeuchte unterscheiden sich die Gehalte sehr. (hier)

Andererseits ist Weidelgras trittfest. Es erträgt den tiefen Verbiss auf (oft überweideten) Pferdeweiden recht gut. Und es sieht noch grün aus, wenn andere Grasarten von den Pferden längst zertrampelt und abgefressen sind. Kurz: Weidelgras ist widerstandsfähig. Deshalb wird es auch in Spezialmischungen für Pferdeweiden gerne verwendet.

Widerstandsfähiges Weidelgras - durch Endophyten

Für keine Pflanze ist es eine gute Strategie zur Fortpflanzung, wenn sie gefressen wird. Deshalb lebt das Weidelgras (Lolium perenne) in Symbiose mit einem Pilz: Epichloe festucae (Neotyphodium lolii). Dieser sogenannten Endophyt bildet für das Weidelgras Fraßgifte. Vor allem, wenn die Bedingungen hart werden, verteidigt sich das Weidelgras.

  • bei verdichteten Boden
  • bei Verbiss und Fraß
  • bei Trockenheit

Verbiß und Verdichtung trifft auf Pferdeweiden zu. Und dazu kommt, dass Pferde empfindlicher gegen diese Pilz-Gifte sind als Rinder oder Schafe, und dass viele Pferdeweiden Jahr um Jahr weitergenutzt werden, ohne Nachsaat und mit kaum Düngung, aber dafür zu vielen Pferden. So findet auf diesen Pferde-Weiden eine Selektion auf besonders widerstandsfähige Pflanzen statt - mit besonders giftigen Endophyten. Dazu kommt, dass mit steigendem Alter der Pflanzen auch die Giftigkeit steigt, wie Forscher in Deutschland zeigen konnten.

Bislang geht man davon aus, dass die Bedingungen in Mitteleuropa zu günstig sind (viel Regen), als dass Weidelgras so unter Stress geraten kann, das es für Tiere in Deutschland gefährlich würde. Allerdings war mit den langen, warmen Trockenperioden der letzten Sommer auf vielen Pferde-Weiden das Gras extrem unter Stress. Nur die besonders widerstandsfähigen Pflanzen konnten überleben. Pflanzen, die mit "besseren" Endophyten infiziert sind. Wenn das Wetter auch dieses Jahr (2018) so bleiben sollte, werden erneut nur die Graspflanzen auf den Weiden überleben, die lange Trockenheit und Verbiss überstehen.

Außerdem konnte bereits im Jahre 2000 bei einer Doktorarbeit an der Universität Paderborn auf den Wiesen teilweise ein Gehalt festgestellt werden, der oberhalb der Toxischen Grenze für Rinder liegt. Pferde sind deutlich empfindlicher.

Welche Krankheiten beim Pferd können durch Endophyten ausgelöst werden?

Beim Weidelgras ist die Weidelgras-Taumelkrankheit, (Rhyegrass-Stagger) Zeichen einer akuten Vergiftung. Bereits 1906 wurde sie zum erstmal beschrieben. Ausgelöst wird es durch die Gfitstoffe des Endophyten: Ergopeptid-Alkaloide, vor allem Lolitrem B und andere (A, C, D, E, F, N, Paxillin und Lolitrol). Lolitrem B hemmt den K-Ausstrom aus erregbaren Zellen wie Nervenzellen, aber auch dem Herzmuskel. Es kommt zu Über-Erregbarkeit: Der Muskel kann nicht mehr regelrecht reagieren. Er beginnt zu zittern. Zuerst sind es feine Muskel-Zuckungen, in der Halsmuskulatur nach Anstrengung. Die Augen zucken. Ist die Giftmenge größer, kommt eine allgemeine Ataxie (unkoordinierte "Lahmheit", eher Bewegungsstörung) dazu. Es kann bis zum Taumeln und zum Kollaps reichen.

Lolitreme gelten als Nervengift. Außerdem verändert das Hauptgift Lolitrem B auch die Funktion des Dickdarms und er Niere (über K+-Kanäle). So könnten Koliken verursacht werden.

Allgemein zeigen die Pferde Muskel-Zuckungen (Tremor), Schwäche, Ataxie, Über-Erregbarkeit, steife Bewegungen und schließlich sogar Kollaps. Auch das Herz wird beeinträchtigt. Die Empfindlichkeit der Pferde ist unterschiedlich (5-75%). Auf der selben Weide betrifft es meist nur einige Tiere.

Die Weidelgras-Taumelkrankheit kann tödlich enden. Glücklicherweise ist sie in Deutschland bisher nicht im Vollbild nachgewiesen worden. Trotzdem sollte man zum Schutz der Pferde vermutlich lieber zu vorsichtig sein. Giftige Endophyten wurden auch bei Weidelgras in Deutschland nachgewiesen. Bereits im Jahr 2000 kam man zu dem Ergebnis, dass die Weidelgras-Taumelkrankheit in in Deutschland auftreten kann. (Der Toxin-Gehalt lag höher als der Grenzwert von 2000µgr, was als schädlich und auslösend gilt - bei Kühen, die deutlich weniger empfindlich sind als Pferde.)

Bei Mutterstuten (ein großes Vollblut-Gestüt in Argentinien, auf dessen Weiden Deutsches Weidelgras wuchs) kam es zu Fohlenverlusten, Hormonstörungen, und allgemein schlechter Fruchtbarkeit. (Aus Sicht des Grases ein Erfolg, wenn die nächste Generation der Fress-Feinde verringert wird … (Abstract hier)

Vorsichtsmaßnahmen bei Verdacht:

  • Pferde nicht mehr auf die Weide lassen
  • (gutes) Heu zufüttern
  • Bentonite und/ andere Stoffe im Futter verwenden, die Gifte absorbieren können.
  • symptomatische Therapie

Es gibt keine Gegengift, bzw. keine spezifische Therapie gegen die Weidelgras-Taumelkrankheit. Auch ist die Untersuchung des Grases kein Standard in Deutschland. Am Institut für Milchvieh an der Universität Gießen kann inzwischen der Gesamtghalt der Ergot-Alkaloide Untersucht werden.

Desto wichtiger sind allgemeine Vorsichtsmaßnahmen:

  • gutes Heu, auch in der Weidezeit zufüttern
  • Portionsweide bzw. regelmässiges Umtreiben: so kann sich das Gras auf einem Stück immer wieder erholen
  • gute Weidepflege, angepasste Düngung und regelmäßige Nachsaat …
  • regelmäßiges "Entgiften" der Pferde (z.B. indem mit Heilpflanzen die Leber-und Nierenfunktion gestärkt wird)

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